Christlich-islamischer Dialog
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Einführung in das islamische Recht

Mathias Rohe: Das islamische Recht. Eine Einführung, Verlag C. H. Beck, München 2013, 128 Seiten, Paperback, 8,95 €, ISBN 978-3-406-64662-1

Rezensent: Gerhard Duncker

Es ist schon eine große Herausforderung, innerhalb der Reihe „C. H. Beck Wissen“ auf 120 Seiten eine Einführung in das islamische Recht geben zu sollen. Mathias Rohe, Jurist und Islamwissenschaftler, nimmt diese Herausforderung an. Davon ausgehend, dass sich das Buch an „interessierte Laien“ (S. 8) richtet, stellt der Autor in einem ersten Schritt die Grundlagen und Grundbegriffe islamischen Rechts dar: Was beinhaltet die Scharia, welche Rechts- bzw. Lebensbereiche umfasst sie? Schon auf den ersten Seiten leistet Rohe Wichtiges, nämlich den „Schreckensbegriff“ (S. 7) „Scharia“ zu versachlichen. Er legt dar, dass „Scharia“ das gesamte System der islamischen Normenlehre bezeichnet, also nicht nur Strafmaßnahmen für den Ehebruch festlegt, sondern auch Fragen des Ritualgebets, der Pilgerfahrt, des Familienrechts sowie des Vertrags- und Wirtschaftsrechts regelt.


Ausführlich widmet sich das Buch konkreten Inhalten islamischen Rechts. Hier zeigt sich aber schon bald, dass der „interessierte Laie“ doch ohne Vorkenntnisse nicht auskommt, zumindest muss er etwas wissen vom sunnitischen und schiitischen Islam, von unterschiedlichen Rechtsschulen und -traditionen. Das Eherecht etwa unterscheidet sich innerislamisch erheblich, nicht nur zwischen schiitischem und sunnitischem Islam, sondern auch zwischen einzelnen islamischen bzw. islamisch geprägten Ländern. Der sunnitische Islam erlaubt beispielsweise eine Ehe zwischen einem muslimischen Mann und einer Christin, was bei Schiiten ausdrücklich verboten ist. Ein Land wie die Türkei praktiziert europäisches Eherecht (Einehe, staatlich geschlossene Ehe etc.), in den Vereinigten Arabischen Emiraten kann ein Ehemann seine Frau per SMS verstoßen (Talaq), was in der islamischen Welt jedoch hoch umstritten ist. Ähnlich große Unterschiede gibt es etwa im Erb- und Adoptionsrecht. Rohe entwirft so ein sehr differenziertes Bild islamischer Rechtspraxis von Nordafrika bis Südostasien, die Fülle und Kürze („Eine Einführung“) kann den Leser aber auch verwirren, sodass er vor lauter Wald keine Bäume mehr sieht.


Besonders wichtig ist der Abschnitt „Islamisches Recht in Deutschland und Europa“. Der Autor benennt klar die Möglichkeiten der „freien Religionsausübung“ und die Grenzen, die eine alle verpflichtende Rechtsordnung setzt (S. 91). Klar positioniert er sich gegen eine These wie die der „schleichenden Islamisierung“ Deutschlands (S. 95). „Wer so agiert und argumentiert, wirkt an der Zerstörung der Rechtsordnung mit, die er zu verteidigen vorgibt“ (S. 95).


Dem Buch gelingt es, trotz der vorgegebenen Kürze, das islamische Recht als ein plurales System von Rechtsnormen darzustellen. Dabei verschweigt es nicht die erheblichen Rechtsdefizite etwa im Hinblick auf die Gleichberechtigung der Geschlechter und der religiösen (christlichen) Minderheiten in islamischen Ländern. Daran ändert auch nichts die „Islamische Erklärung der Menschenrechte“ (Kairo 1990).