Christlich-islamischer Dialog
Hinweise zu Neuveröffentlichungen

Die Stellung der Frau im Islam

Julia Schulenburg-Bouassiria: Die Stellung der Frau im Islam und zur Konversion deutscher Frauen zum Islam, ohne Verlag, 2018, ISBN 9-781983-320040, 251 Seiten, 9,95 €

Rezensentin: Lena Salewski

Das vorliegende Werk der Diplom-Pädagogin Julia Schulenburg-Bouassiria behandelt die Frage der Frau im Islam und wie die Stellung ebendieser mit der Konversion von deutschen Frauen zum Islam in Zusammenhang steht. Zunächst lässt der erste Eindruck des Buchs auf eine wissenschaftliche Arbeit schließen; im Folgenden wird allerdings dargelegt, dass die Autorin nicht nur wissenschaftlich unredlich arbeitet, sondern eine pseudo-wissenschaftliche Arbeitsweise nutzt, um ihre religiös-fundamentalistischen Ansichten zu verbreiten.

Die Autorin ist, laut der Biografie zu Beginn des Werks, 1982 in Rotenburg geboren und als „gläubige Christin“ aufgewachsen, bevor sie 2004 zum Islam konvertierte, nachdem sie Grundschullehramt und interkulturelle Pädagogik studiert hatte. Im Internet gibt es vier Werke von ihr zu erwerben, welche alle bei keinem Verlag erschienen sind, sondern von ‚Amazon Fulfillment‘ gedruckt werden. Die Verarbeitung des Buches passt durchaus zu diesen fragwürdigen Formalitäten: Rechtschreibfehler und Formatierungsfehler bspw. bezüglich Schriftarten weisen darauf hin, dass dieses Werk keine formale Qualitätskontrolle erfahren hat. Auch eine inhaltliche Qualitätskontrolle von kompetenter, wissenschaftlicher Seite erscheint aufgrund der groben inhaltlichen Ungenauigkeiten und Fehler kaum vorstellbar.

Das Werk ist in zwei Teile aufgeteilt, im ersten Teil soll die folgende Frage geklärt werden: „Wie aber sieht die Stellung der Frau im Islam wirklich aus?“ (S.2) Diese Frage möchte die Autorin mithilfe des Korans sowie der Hadithe untersuchen. Die These der Autorin ist, dass die Stellung der Frau im Islam eine sehr gute ist, sehr viel besser als beispielsweise im Christentum. Diese Fragestellung sowie ihre These mögen zunächst einmal interessant klingen, weisen aber schon auf die Problematik hin, die sich durch das gesamte Buch ziehen wird - ‚den Islam‘ gibt es nicht und das Verständnis ‚des Islams‘, welches die Autorin vertritt, ist ein fundamentalistisch-totalitäres Religionsverständnis. Dieses Verständnis wird im Laufe des Werks immer deutlicher; was zunächst als sprachlich unsaubere Trennung zwischen objektiver Beschreibung einer Religion und dem religiösen Selbstverständnis verstanden werden kann, wird spätestens auf Seite 33 die eindeutig subjektiv-wertende Beschreibung der Autorin: „Im Islam gibt es heute viele Gruppierungen und Sekten, die vom ursprünglichen Weg des Islam (…) abgekommen sind“ (S.33). Die Quellen, die Schulenburg-Bouassiria nutzt, um solche Aussagen zu treffen, lassen dann keinen Zweifel mehr an einem fundamentalistischen Islamverständnis: Die Autorin spricht von Literatur, die „bei den Muslimen in aller Welt Beachtung“ findet (S.13) und zählt dann Persönlichkeiten wie beispielsweise Sheikh Mohammed Ibn Abd al-Wahhab, den Begründer des Wahhabismus und ideologischer Gründervater zahlreicher dschihadistischer Organisationen, auf; an anderer Stelle bezieht sie sich auf Pierre Vogel, den einflussreichen deutschen Prediger der salafistischen Szene. Auch die Publikationen und Werke, auf die die Autorin sich bezieht, sind religiöse Werke und Verlage fundamentalistischer Ausrichtung und nur zu geringem Teil wissenschaftliche Publikationen. Neben den dargelegten gravierenden Mängeln an Objektivität im Bezug auf die Darstellung der islamischen Religion, ist auch die negative subjektive Einstellung der Autorin zur ‚westlichen Gesellschaft‘ und zum Christentum im gesamten Werk anzuklagen. Neben dem methodisch unhaltbaren Vergleich von Gesellschaft und Religion – „dem Status der Frau (…) in anderen Gesellschaften (…) zu der Position einer Muslima in der islamischen Religion“ (S.37) - werden auch darauf folgend immer wieder Kultur und Religion beliebig miteinander gleichgesetzt oder auch als unabhängige Faktoren einander gegenübergestellt.

Der zweite Teil des Werks behandelt Interviews mit deutschen Konvertitinnen zum Islam. Die Autorin selbst ist, wie bereits erwähnt, zum Islam konvertiert, die interviewten Frauen sind ihre Freundinnen. Die notwendige bzw. fehlende Distanz zu den Interviewten sowie zum Thema werden kaum bis gar nicht reflektiert. So ist es wenig überraschend, dass die interviewten Frauen ausnahmslos das bereits im ersten Teil von der Autorin dargelegte Verständnis vom richtigen Islam und der besseren Stellung der Frau im Islam als in der westlichen Gesellschaft bestätigen und teilen. Daraus folgt eine wenig interessante zweite Hälfte des Werks, welche hauptsächlich aus Wiederholungen besteht. Eine Unterscheidung zwischen den Aussagen der Interviewten und der beschreibenden und analysierenden Autorin ist kaum zu erkennen, weder sprachlich noch inhaltlich. Ob die Interviewte oder die Autorin (zum wiederholten Male) beschreibt, dass eine gute Muslima ihren Kopf und ihren Körper zu bedecken habe, wird nicht klar und verliert aufgrund der gravierenden beschriebenen Mängel auch an Relevanz für die Lesenden.

Neben der dargestellten fehlenden Wissenschaftlichkeit und Objektivität, sowie den Widersprüchen und falschen logischen Schlüssen im vorliegenden Werk ist ebenfalls das Verständnis der Autorin von Geschlecht und ihre Vorstellung, wie Frauen sind und sein sollen, scharf zu kritisieren. Frauen sind ihrem Verständnis nach schutzbedürftige und emotionale Wesen, die primär für die Care-Arbeit zuhause und für die Kinder zuständig sind. Nur wenn sie diese neben einem Beruf zufriedenstellend ausführen kann, darf sie einem Beruf nachgehen. Wie genau die Beziehung zwischen Mann und Frau in einer muslimischen Ehe nach Schulenburg-Bouassiria auszusehen hat, soll anhand zweier Beispiele dargelegt werden: Sie beschreibt „das leichte Schlagen [einer Ehefrau von ihrem Mann] (…) als Erziehungs- bzw. Disziplinierunsmaßnahme“ (S.99) als legitim, genauso wie sie die Erlaubnis des Mannes für die Berufstätigkeit seiner Frau als gottgegeben und somit unumstößliche Wahrheit darlegt. Diese Einstellung ist selbstverständlich sehr kritisch zu sehen, der Fakt, dass sie diese in ihrem Buch als wissenschaftliche Tatsachen präsentiert, ist umso verurteilenswerter.

Das frauenfeindliche und fundamentalistisch-islamistische Verständnis geht in diesem Werk eine gefährliche Verbindung mit Pseudo-Wissenschaftlichkeit ein. Lesende, die sich einen objektiven und informativen Einstieg in die Stellung der Frau im Islam oder in den Islam allgemein, erhoffen, werden getäuscht. Dieses Werk ist eher als Beispiel für islamistischem Populismus, denn als wissenschaftliche Analyse zu bewerten. Aufgrund aller oben genannten Punkte und noch weiterer, die in der Kürze nicht erläutert werden konnten, ist das vorgestellte Werk auf keinen Fall zu empfehlen.