Christlich-islamischer Dialog
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Islam und Politik

Imad Mustafa: Der Politische Islam. Zwischen Muslimbrüdern, Hamas und Hizbollah, Promedia Verlag, Wien 2013, 230 Seiten, kartoniert, ISBN 978-3-85371-360-0, € 17,90

Rezensent: Gerhard Duncker

Täglich in den Medien vorkommende Begriffe wie „Extremisten“, „Fundamentalisten“ oder „Terroristen“ assoziieren oft den Islam pauschal mit brutalen Formen von Gewalt- und Herrschaftsausübung. Das vorliegende Buch hingegen „will das Phänomen des ‚Politischen Islam‘ in seinen ideengeschichtlichen sowie historischen Kontext einbetten“ (S. 10) und so zu einer differenzierten Sicht beitragen.


Die Untersuchung Imad Mustafas, Deutscher palästinensischer Herkunft, der in Heidelberg, Frankfurt und Damaskus Politologie, Orientalistik und Soziologie studiert hat, umfasst die ägyptischen Muslimbrüder, die palästinensische Hamas, die aus dem Libanon stammende Hizbollah sowie die ägyptische al-Nur-Partei. Während dem westlichen Betrachter die islamische Welt meist einheitlich und monolithisch erscheint, beschreibt der Autor das islamische Spektrum als keineswegs homogen. „Die ideologischen Ausdifferenzierungen schwanken dabei zwischen reformorientierten, traditionellen, fundamentalistischen, revolutionären sowie utopisch-salafistischen Richtungen“ (S. 15).
Anhand ihrer politischen, religiösen, ideologischen, ökonomischen und sozialen Standpunkte werden die bereits erwähnten politischen Organisationen und ihre Protagonisten des 19. und 20. Jahrhunderts miteinander verglichen. Sehr anschaulich beschreibt der Autor das Entstehen einer Generation gebildeter islamischer Intellektueller seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, von denen im Westen besonders der Gründer der Muslimbrüder Hassan al-Banna (1906-1949) bekannt ist. Seine im März 1928 „im Dienste des Islam“ in Ägypten mit sechs Getreuen gegründete Gemeinschaft umfasste zehn Jahre später bereits eine halbe Million Mitglieder.


Um die Bedeutung der politischen Bewegungen in der islamischen Welt richtig verstehen zu können, ist es entscheidend, zu begreifen, dass diese Bewegungen in ihren Ländern oft die größten sozialen Wohltätigkeitsorganisationen waren bzw. sind. Wer wie die Hizbollah im Libanon anstelle des Staates Straßen baut und in Zeiten des Krieges die Wasserversorgung aufrecht erhält, kann die Massen – so der Autor – natürlich nach Gutdünken politisch manipulieren. Massenarbeitslosigkeit vor allem unter Jugendlichen, Staatsverschuldung, grassierende Armut und Bildungsdefizite werden die Länder der arabischen Welt in den nächsten Jahren bedrücken. Imad Mustafa traut den Bewegungen des Politischen Islam zu, zur Lösung dieser Probleme beitragen zu können. Terrororganisationen wie etwa Al-Qaida sagt er ein baldiges Ende voraus. Sollte der Autor recht behalten, es wäre für die islamische Welt und uns alle ein Segen.